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Mayra Engelbart

Neuen Arbeitsvertrag kündigen vor Antritt der Stelle: Geht das?

Normalerweise ist es eine echte Win-Win-Situation: Ist der neue Arbeitsvertrag unterschrieben, sind sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber zufrieden. Aber was, wenn es hier kurzfristig eine Planänderung gibt? Kann ein Arbeitsvertrag auch beendet werden, ehe er richtig beginnt?

 

Es ist eine Situation, wie sie heutzutage immer wieder mal vorkommt im Arbeitsleben: Zum ersten Ersten des Monats soll das neue Arbeitsverhältnis starten und dann ergibt sich kurzfristig etwas anderes. Vielleicht erhält der potenzielle Mitarbeiter zwischenzeitlich eine Zusage für die absolute Traumstelle. Oder unternehmensintern ergibt sich eine Änderung, sodass der bereits geschlossene Arbeitsvertrag doch keine so gute Idee mehr ist und eine Absage formuliert werden muss. 

 

Mögliche Gründe einer Kündigung vor Arbeitsantritt

Sowohl vonseiten des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers gibt es eine Vielzahl an Gründen, die die vorzeitige Vertragsauflösung wünschenswert machen können.

 

Arbeitgeber

  • Die neue Stelle fällt aufgrund schlecht laufender Geschäfte weg.
  • Der Betriebsrat spricht sich gegen die Besetzung mit einem externen Kandidaten aus.
  • Ein Kandidat hat nun doch zugesagt, der noch besser geeignet ist.

 

Arbeitnehmer

  • Der bisherige Arbeitgeber hat ein attraktives Angebot gemacht, um den Mitarbeiter doch zu halten.
  • Ein anderer Arbeitgeber hat ein besseres Jobangebot für ihn.
  • Seine persönlichen Umstände haben sich geändert, die Stelle kommt daher nicht mehr infrage.

Kurzum, eine der beiden Vertragsparteien sitzt in der Klemme und würde am liebsten wieder von der geschlossenen Vereinbarung zurücktreten. 

 

Ausgeschlossen: Widerruf oder Rücktritt

Leider sind Kündigungen im Arbeitsleben nicht so einfach wie im Online-Verbraucherrecht. Bei den sogenannten „Fernabsatzverträgen“ besteht die Option, binnen 14 Tagen alles komplett rückabwickeln zu können. Einfach kurz Bescheid geben, Ware zurück und das war’s dann schon. Bei Arbeitsverträgen besteht leider kein Widerrufsrecht, wie wir es etwa bei Online-Verträgen kennen. Auch einen Rücktritt von einem einmal geschlossenen Arbeitsvertrag gibt es nicht.

Dies wissen Arbeitnehmer in der Regel nicht. Teilweise wird vor Dienstantritt einfach kurz abgesagt, aber sehr häufig wird eine Stelle schlicht gar nicht angetreten – frei nach dem Motto: „Die merken ja, dass ich nicht komme.“ Da stellen sich schnell zwei zentrale Fragen:

 

  • Ist die Kündigung eines Arbeitsvertrags vor Vertragsantritt eigentlich möglich?
  • Was kann passieren, wenn die Stelle nicht angetreten wird?

 

Können sich Arbeitgeber wehren?

Speziell das fehlende Erscheinen  ist eine sehr ärgerliche Situation für Arbeitgeber, die sich schließlich auf den neuen Mitarbeiter eingestellt und vielleicht sogar bereits teures Equipment angeschafft haben. Meist „schlucken“ Unternehmen so ein Verhalten einfach und lassen es auf sich beruhen. Glück für den abgesprungenen Arbeitnehmer in spe! Denn in so einem Fall sind Vertragsstrafen und sogar Schadenersatzforderungen durchaus zulässig, was allerdings nur den Wenigsten bewusst ist.

 

Tatsächlich schuldet ein Arbeitnehmer nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrags die Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistung. Entstehen dem Arbeitgeber durch das Fernbleiben von der Arbeit auch noch Nachteile, so ist zudem eine Schadenersatzforderung zulässig.

 

 

 

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So klappt die Kündigung vor Antritt

Eine ordentliche Kündigung vor Dienstantritt ist ausgeschlossen, das ist eine weit verbreitete Meinung. Nur so ganz trifft sie eben nicht zu.

 

Die Kündigung von Arbeitsverträgen vor Antritt einer Stelle ist grundsätzlich durchaus möglich. Auch eine Angabe von Gründen ist nicht erforderlich – von beiden Seiten. Da bis dahin in der Regel kein Arbeitsverhältnis bestanden hat, greift von der Arbeitgeberseite der gesetzliche Kündigungsschutz nach § 1 KSchG nicht. Die Anhörung des Betriebsrates ist bei einer vorvertraglichen Kündigung des Arbeitgebers ebenfalls nicht nötig.

 

Eine Ausnahme hiervon ist es, wenn die vorvertragliche Kündigungsoption vom Arbeitgeber im Vertrag durch eine entsprechende Klausel von vornherein explizit ausgeschlossen wird (BAG Urteil vom 25. März 2004 (Az.: 2 AZR 324/03). 

 

Kündigung: Darauf sollte geachtet werden

Allerdings ist die Kündigung vor Vertragsbeginn ebenfalls an gewisse Bedingungen geknüpft, die zu beachten sind:

 

  • Sie muss explizit und eindeutig erklärt werden.
  • Ein Termin der Kündigung ist anzugeben.
  • Eigenhändige, vollständige Unterschrift
  • Die Schriftform (schriftlich auf Papier!) ist vorgeschrieben (§ 623 BGB).
  • Die Kündigungsfrist ist einzuhalten.
  • Die Kündigung muss nachweislich in den „Machtbereich“ des Empfängers übergehen (deshalb den Zugang entweder durch Zeugen belegen lassen oder den Brief per Einwurf-Einschreiben versenden). 

 

Dies bedeutet, dass die Kündigung vor Vertragsbeginn eher keine spontane  Angelegenheit ist. Wurde im Vertrag eine Probezeit von 14 Tagen vereinbart, so muss spätestens zwei Wochen vor Dienstbeginn gekündigt werden. Gibt es keine fixierten Regelungen, so gilt die gesetzliche Kündigungsfrist – also vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Monatsende. 

 

Zum Antritt verpflichtet

Im Klartext: Wird die Kündigungsfrist nicht eingehalten, so ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die Stelle anzutreten – und erhält für diese Zeit auch sein Gehalt. Um ein Nichterscheinen auszuschließen, vereinbaren einige Arbeitgeber sogar Vertragsstrafen bei Nichtaufnahme der Tätigkeit. Zulässig sind Beträge bis zu einem Bruttomonatsgehalt. 

 

Dabei gilt allerdings, dass die Vertragsstrafe das bis zum Zeitpunkt einer wirksamen Kündigung fällige Gehalt nicht übersteigen darf. Wurde im Vertrag eine Probezeit vereinbart, so ist der maximal mögliche Betrag das Gehalt für 14 Tage.

 

Achtung! Wird im Vertrag geregelt, dass die Kündigungsfrist erst ab der Arbeitsaufnahme beginnt, ist ebenfalls eine Vertragskündigung im Vorfeld nicht möglich! Er kann schlicht nicht ordnungsgemäß beendet werden. Die Kündigung kann in diesem Fall erst am ersten Arbeitstag ausgesprochen werden (BAG, 2 AZR 324/03).

 

Kündigung vor Dienstantritt durch Arbeitgeber

Zeichnet sich ab, dass eine der Vertragsparteien kein Interesse mehr an einem Arbeitsverhältnis hat, dann ist in der Regel ein Aufhebungsvertrag die sauberste Lösung. Dann muss auch keine Kündigungsfrist eingehalten werden. Immerhin ist man hier in der Ausgestaltung des Vertrages frei. Daher ist ein Arbeitsvertrag insbesondere für Arbeitgeber die beste Option, um die freie Stelle letztlich doch noch anders zu besetzen.

 

Kleines Manko für Arbeitnehmer: Bei einem Aufhebungsvertrag droht eine bis zu drei Monate lange Sperrfrist, wenn der Gang zur Arbeitsagentur nötig wird. Durch die einvernehmliche Regelung gilt eine Arbeitslosigkeit dann als selbst verursacht. Dies sollte also unbedingt bedacht werden.

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