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Mayra Engelbart

Arbeitszeitmodelle in Deutschland: Welches ist das effektivste für Ihr Unternehmen?

Inhalt

    1. Definition: Was ist ein Arbeitszeitmodell?
    2. Arbeitszeitmodell: Was wünschen sich Arbeitnehmer?
    3. Welche Arbeitszeitmodelle gibt es?
    4. Flexmodell: Flexibles Arbeitszeitmodell
    5. Kann der Arbeitgeber das Arbeitszeitmodell einfach ändern?
    6. FAQ

Möglichst keine Vollzeit, hybrides Arbeiten und bitte schön flexibel – immer mehr Mitarbeiter legen Wert auf eine gute Work-Life-Balance. Aber welches Arbeitszeitmodell bietet sowohl Vorteile für den Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber? Nur wer sie kennt, kann die richtige Entscheidung treffen.


 

Um dieses Thema kommt man aktuell kaum herum: Arbeitszeitmodelle werden immer wichtiger und die Wahl eines bestimmten Modells kann darüber mitentscheiden, ob Sie zu den besonders attraktiven Unternehmen aus Arbeitnehmersicht gehören – oder aber zu den Verlierern.

Speziell die Generation der nach 1995 Geborenen hat ein hohes Anspruchsdenken, wenn es um die Arbeitszeit geht. Das vielzitierte Schlagwort der möglichst optimalen Work-Life-Balance, also einem ausgeglichenen Verhältnis von Arbeit und Privatleben, steht hier hoch im Kurs. Arbeit ja – aber am liebsten nur vier Stunden pro Tag und am Donnerstag früher gehen, damit man rechtzeitig zum Achtsamkeitskurs gehen kann…

Angesichts der Tatsache, dass Betriebe eben auch auf die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen müssen, sehen sie sich ganz besonderen Herausforderungen gegenüber. Welche Arbeitszeitmodelle sind so effektiv, dass sie sowohl für meine Arbeitnehmer als auch für die Kunden passen? Was ist in Deutschland rechtlich überhaupt möglich?

 

 

Definition: Was ist ein Arbeitszeitmodell?

Schon wenn es um den Begriff des Arbeitszeitmodells geht, tauchen meist bereits die ersten Unklarheiten auf. Oft genug ist nur HR-Experten wirklich klar, was mit dem Ausdruck Arbeitszeitmodell gemeint ist. Hierbei geht es letztlich um eine zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber getroffene Vereinbarung, wie die vertraglich geregelte Arbeitszeit von x Stunden geleistet wird. Und zwar pro Tag, pro Woche, monatlich und aufs Jahr bezogen gesehen. Darüber hinaus kann das Arbeitszeitmodell auch im Rahmen eines Tarifvertrages geregelt werden.
Häufig genutzte und daher sehr bekannte Arbeitszeitmodelle sind etwa Schichtarbeit, Gleitzeit oder die sogenannte Vertrauensarbeitszeit.

 

Arbeitszeit vs. Arbeitszeitmodell

Fragen wie beispielsweise „Wie heißt das Arbeitszeitmodell nach Minijob“ gehen in eine ganz andere Richtung. Hier geht es um eine generelle Vereinbarung, wie viel Gehalt ein Mitarbeiter enthält. Hieraus wiederum ergibt sich die grundsätzlich zu leistende Zahl an Arbeitsstunden. Nicht mehr, nicht weniger.
Als Minijob gelten geringfügige Beschäftigungen (d.h. geringe Stundenanzahl oder kurzfristig), für die weniger als 520 Euro pro Monat gezahlt werden. Midi-Jobs dagegen sind Beschäftigungen in der sogenannten Übergangszone. Nach der Anhebung der Grenzen zum 31.12.2022 gelten als Midi-Job regelmäßige Tätigkeiten, die im Durchschnitt mit mehr als 520 und höchstens 2.000 Euro entlohnt werden. Wie die Verteilung der Arbeit erfolgt, das regelt ein Arbeitszeitmodell.

 

Arbeitszeitmodell: Was wünschen sich Arbeitnehmer?

Während die sogenannte Boomer-Generation der geburtenstarken Jahrgänge überdurchschnittlich Karriere orientiert war bzw. ist und insofern auch eine sehr hohe Bereitschaft zu Überstunden mitbringt, dreht sich dieses Verhältnis nun merklich um. Für die nachfolgenden Generationen stehen Themen wie persönliche Entwicklung, Familie und Sinnhaftigkeit der eigenen Tätigkeit wesentlich mehr im Vordergrund.
Insofern ist die Bereitschaft, Zeit für den Job zu „opfern“, deutlich geringer ausgeprägt. Die Arbeit soll vielmehr stimmig zum Rest des Lebens passen. Insofern ist die Frage „Welches Arbeitszeitmodell passt zu mir?“ eine ganz zentrale im Leben künftiger Fachkräfte. Verständlich, wenn man die nackten Zahlen (laut IAB Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) sprechen lässt:

 

  • Die Jahresarbeitszeit liegt im Durchschnitt bei ca. 1.602,5 Stunden (Vollzeit)
  • In Teilzeit sind es immer noch etwa 759 Stunden.
  • Das Arbeitszeitgesetz erlaubt pro Woche maximal 48 Stunden. Laut Statistischem Bundesamt liegt die tatsächliche durchschnittliche Arbeitszeit bei 34,7 Stunden (= Vollzeit 40,5 Std. / Teilzeit 20,8 Stunden). Überstunden kommen noch hinzu.

 

Im Jahr 2017 erwähnten rund 39 % der Arbeitnehmer, dass sie in Gleitzeit tätig sind. Etwas, was offensichtlich als sehr positiv empfunden wurde. Tatsächlich wird der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten stetig größer. Die Verlagerung der Arbeit teilweise oder auch komplett ins Homeoffice hat diesen Trend nur noch mehr verstärkt. Wer als Arbeitgeber den vielbeschworenen „War of Talents“ gewinnen will, sollte dies berücksichtigen.

 

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Welche Arbeitszeitmodelle gibt es?

 

Vollzeit

Bei der Vollzeit handelt es sich um das „klassische“ Arbeitszeitmodell, das die meisten Leute im Kopf haben, wenn es um das Thema geht. Hierbei handelt es sich um eine Tätigkeit mit einem Umfang von 35 bis 40 Stunden pro Woche, die meist auf fünf Tage verteilt wird. Das sind dann sieben bis acht Stunden täglich zuzüglich der Pausen.

 

Teilzeit

Bei der Teilzeit ist der Arbeitnehmer entweder weniger Stunden oder weniger Tage in der Woche tätig. Die konkrete Verteilung der reduzierten Arbeitszeit wird individuell mit dem Arbeitgeber geregelt.

Schichtarbeit

In Geschäften mit langen Öffnungszeiten und auch in Industriebetrieben, in denen Maschinen rund um die Uhr im Einsatz sind, wird häufig in Schichten gearbeitet. Die Einteilung ist dann Früh- und Spätschicht sowie gegebenenfalls noch eine Nachtschicht. Damit alle Mitarbeiter zu ihrem Recht kommen, erfolgt die Schichtbesetzung meist alternierend.

 

Gleitzeit

Während bei den bisherigen Arbeitszeitmodellen der Arbeitgeber die konkreten Anfangs- und Endzeiten jeweils vorschreibt, wird die Handhabung bei der Gleitzeit deutlich flexibler. Der Arbeitgeber schreibt lediglich eine Kernzeit vor, z.B. zwischen 9 und 15:30 Uhr, während der alle Mitarbeiter tätig sind. Außerhalb dieses Zeitfensters besteht keine Anwesenheitspflicht und die Arbeitnehmer können entscheiden, ob sie lieber früher anfangen oder später gehen.

Hinzu kommt, dass sie selbst entscheiden, ob sie an einem Tag acht Stunden tätig sind oder nur die Kernarbeitszeit ableisten. Plus- oder Minusstunden kommen auf das Gleitzeitkonto. Am Ende müssen sie allerdings trotzdem immer auf ihre vorgegebenen Arbeitsstunden kommen, d.h. die Mitarbeiter müssen Minusstunden nachholen oder können Plusstunden abbummeln oder Freizeitausgleich nehmen. Eine besondere Form des Arbeitszeitkontos ist das Ampelsystem. Hier ist festgelegt, dass aber eine bestimmte Anzahl von Minus- oder Plusstunden konkrete Maßnahmen zu ergreifen sind. Dabei gilt ein Stufenplan.

 

Vertrauensarbeitszeit

Streng genommen handelt es sich bei der sogenannten Vertrauensarbeitszeit nicht um ein Arbeitszeitmodell im eigentlichen Sinne. Denn hier kontrolliert der Arbeitgeber weder Arbeitszeiten von Anwesenheiten. Dies ist alles dem Mitarbeiter überlassen, wichtig ist nur, dass Aufgaben und Projekte rechtzeitig erledigt werden.
Ein großer Nachteil dieser vermeintlichen Freiheit ist meist gewesen, dass eine große Anzahl an Überstunden auflaufen kann – ohne Ausgleich. Inzwischen regelt das EuGH-Urteil zur Zeiterfassung, dass Arbeitnehmer auch bei Vertrauensarbeitszeit ihre Zeiten erfassen müssen. Übermäßig viele Überstunden sind in dem Zuge ebenfalls zu melden.

 

Arbeitszeitkonten

Eine weitere Variante von Arbeitszeitmodellen sind die sogenannten Arbeitszeitkonten. Hierbei kann beispielsweise die Jahresarbeitszeit oder auch die Lebensarbeitszeit „angespart“ und danach nach Wunsch flexibel verteilt werden.
In Ferienregionen kommt vielfach die Jahresarbeitszeit zum Einsatz. Insbesondere Servicekräfte arbeiten dann in der Saison Vollzeit bzw. bauen darüber hinaus noch weitere Plusstunden auf. Außerhalb der Saison kann die Zeit wiederum „abgebummelt“ werden.

Das Modell Lebensarbeitszeit funktioniert ein wenig anders. Hier verzichtet ein Arbeitnehmer auf einen Teil seines Gehalts, der dann auf ein spezielles Konto eingezahlt wird. Mit dem dort auflaufenden Betrag können dann Sabbaticals, längere Elternzeiten, eine frühere Rente usw. finanziert werden. Das Geld wird dann für Sozialabgaben und evtl. auch für Gehalt verwendet.

 

Mitarbeiter auf Abruf

Welches Arbeitszeitmodell verbirgt sich hinter der Bezeichnung „kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit“ (KAPOVAZ) oder Mitarbeit auf Abruf genau? Hierbei handelt es sich um ein Konzept, das für Unternehmen größtmögliche Flexibilität in Bezug auf die Einsatzplanung ermöglicht. Mitarbeiter haben hier ein Stundenkontingent, das sie auf Abruf ableiten. Die Einsätze müssen allerdings vier Tage vorher bekanntgegeben werden.

Jobsharing

Hierbei wird eine Vollzeitstelle auf zwei Mitarbeiter aufgeteilt. Der Arbeitgeber legt lediglich fest, welche Stundenzahl die Arbeitnehmer jeweils zu leisten haben. Diese organisieren dann meist in Eigenregie, wie sie die Stelle so besetzen, dass in den Arbeitszeiten immer jemand anwesend ist.

 

Home Office

Telearbeit oder Home Office ist spätestens seit der Corona-Pandemie immer mehr im Kommen. In vielen Tätigkeitsbereichen ist eine Remote-Arbeit dank des Internets sogar inzwischen Gang und Gäbe. Hierbei gibt es unterschiedliche Handhabungen: Manche Unternehmen schreiben ihren Angestellten feste Zeiten vor, aber auch Gleitzeitregelungen oder Vertrauensarbeitszeit werden gerne genutzt.

 

 

Flexmodell: Flexibles Arbeitszeitmodell

Die rechtliche Situation in Bezug auf die Wahl von Arbeitszeitmodellen ist komfortabel. De facto ist quasi jedes Arbeitszeitmodell erlaubt, solange die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen eingehalten werden und beide Parteien zustimmen. Insofern steht auch nichts im Wege, wenn Unternehmen eigene, individuelle Lösungen einführen möchten.

Allerdings erfreuen sich inzwischen insbesondere flexible Arbeitszeitmodelle großer Beliebtheit, insbesondere bei Arbeitnehmern. Laut einer Kienbaum-Studie wünschen sich 90 Prozent der Arbeitenden mehr Flexibilität. Die Möglichkeit, dann zu arbeiten, wenn man am produktivsten ist und auch mal kurzfristig einen Arzttermin wahrnehmen oder das Kind vom Kindergarten abholen kann, ist äußerst attraktiv. Und wenn dadurch die Zufriedenheit der Belegschaft steigt, profitiert mittelbar natürlich auch das Unternehmen durch motiviertere Mitarbeiter.

Zu unterscheiden ist dabei jedoch, wer von einem konkreten Arbeitszeitmodell genau profitiert. Eine Win-Win-Situation stellen meist die folgenden Konzepte dar:

 

  • Gleitzeit
  • Vertrauensarbeitszeit
  • Lebensarbeitszeit

 

Besonders positiv für Arbeitgeber sind dagegen eher Konzepte wie die Jahresarbeitszeit oder die Möglichkeit, Mitarbeiter auf Abruf zu haben. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn auf die Auftragslage und damit auf Arbeitsspitzen möglichst flexibel reagiert werden soll.

 

 

Kann der Arbeitgeber das Arbeitszeitmodell einfach ändern?

Stellt sich heraus, dass das bisher genutzte Arbeitszeitmodell die Bedürfnisse eines Unternehmens nicht mehr optimal erfüllt, stehen viele Arbeitgeber vor einem Dilemma. Eine häufige Frage ist dann: Darf ich das Arbeitszeitmodell eigentlich ändern? 

Tatsächlich haben Sie im Rahmen des Direktions- bzw. Weisungsrechtes die Möglichkeit, über die Lage der Arbeitszeiten Ihrer Mitarbeiter zu bestimmen (§ 106 Gewerbeordnung). Es sei denn, diese sind konkret im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung, dem Tarifvertrag festgelegt oder gesetzliche Vorschriften stehen dem entgegen. Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf bestimmte Arbeitszeiten. Lediglich wenn sie ihre Arbeitszeit reduzieren, können sie im Zuge auch eine Festschreibung fordern – die sie unter Berücksichtigung betrieblicher Belange gewähren oder abschlägig bescheiden können.

 

Sie als Arbeitgeber entscheiden also:

 

  • wie Sie die Arbeitszeit auf die Wochentage legen, wann diese beginnen und enden. Auch die Pausen regeln Sie.
  • ob Sie Schichtarbeit oder Bereitschaftsdienste bei sich einführen
  • über eine Änderung des Schichtsystems

 

Beachten Sie aber unbedingt, dass bei der Einführung oder der Änderung von Arbeitszeitmodellen in Ihrem Unternehmen der Betriebsrat gefragt werden muss. Dieser hat in solchen Fällen ein Mitspracherecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG).

 

 

FAQ

Welches Arbeitszeitmodell ist das effektivste?

Das lässt sich nicht so pauschal beantworten. Ein Arbeitszeitmodell ist dann besonders effektiv, wenn es sowohl für den Arbeitgeber als auch den Mitarbeiter gut passt. Je optimaler die betrieblichen Belange dadurch sichergestellt werden und je vorteilhafter es gleichzeitig für die Angestellten ist, desto größer ist die Zufriedenheit im Betrieb. Und das lässt die Arbeitnehmer wiederum steigert Engagement und Motivation der Belegschaft nachhaltig.

Darf der Arbeitgeber das Arbeitszeitmodell bestimmen?

Ja. Im Rahmen des Direktionsrechts kann der Arbeitgeber entscheiden, welches Arbeitszeitmodell zum Einsatz kommen soll. Ist ein Betriebsrat vorhanden, so muss dieser allerdings hierzu angehört werden. Die einzige Ausnahme: Reduziert ein Mitarbeiter seine Arbeitszeit, dann kann er gleichzeitig eine bestimmte Aufteilung der Arbeitsstunden fordern.

Welches Arbeitszeitmodell ist die 4-Tage-Woche?

Gemeinhin gilt eine 4-Tage-Woche als Teilzeitmodell – wenn die Arbeitszeit zugleich insgesamt reduziert wird. Wird die Tätigkeitszeit einer normalen Vollzeitstelle (35-40,5 Stunden pro Woche) dagegen lediglich auf weniger Tage verteilt, handelt es sich dagegen letztlich unter dem Strich immer noch um eine Vollzeittätigkeit.

 

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