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Homeoffice: Warum Firmen es fürchten

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Die Niederlande machen es vor. Anfang Juni 2015 wurde hier per Gesetz das Recht auf Homeoffice festgeschrieben. Ziel ist es, durch Telearbeit, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. Was das angeht, hinkt Deutschland weit hinterher. Hierzulande hat sich die Anzahl derer, die im Homeoffice arbeiten sogar verringert. Zu groß sind offensichtlich die Vorurteile gegenüber dem Homeoffice: Arbeitgeber fürchten schlichtweg, dass ihre Mitarbeiter zuhause der Prokrastination verfallen. Der Kunst des Nichtstuns. Doch ist das berechtigt?


 

In den Niederlanden ist es amtlich. Seit kurzem hat jeder Mitarbeiter das Recht, einen Teil seiner Arbeit von zuhause aus zu erledigen, vorausgesetzt folgende Bedingungen sind erfüllt:

  • der Betrieb beschäftigt mehr als zehn Mitarbeiter
  • durch die Heimarbeit entstehen keine Sicherheitsrisiken
  • es sprechen keine zwingenden betrieblichen Gründe gegen Homeoffice
  • die dauerhafte Anwesenheit am Arbeitsplatz ist für die Betriebsabläufe nicht obligatorisch

 

Homeoffice per Gesetz: Die Hintergründe

 

Die Besonderheit

Die Beweislast liegt mit dem neuen Gesetz nunmehr beim Arbeitgeber. Nicht mehr der Arbeitnehmer muss den Chef davon überzeugen, dass das Homeoffice der Arbeit nicht abträglich ist, sondern umgekehrt – der Chef muss dem Angestellten in konkreten Fällen nachweisen, warum bestimmte Aufgaben seine Präsenz am Arbeitsplatz erfordern.

 

Damit stellen die Niederlande die Weichen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Doch in Deutschland sind Gesetzgeber und Arbeitgeber von diesem Trend weit entfernt. Im Gegenteil geht entgegen eines europaweiten Trends die Zahl der Beschäftigten, die hierzulande von zu Hause aus arbeiten, sogar kontinuierlich zurück. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat herausgefunden, dass 2012 4,7 Millionen Menschen regelmäßig von zu Hause aus arbeiteten und somit 800 000 weniger als noch 2008.

 

Schade ist das gleich aus zwei Gründen. Nummer eins: Acht von zehn Jobsuchenden wünschen sich laut der Studie Recruiting Trends der Universitäten Frankfurt und Bamberg einen Arbeitgeber, der flexible Arbeitsorte und -zeiten ermöglicht. Homeoffice täte dem Employer Branding also keinen Abbruch. Grund Nummer zwei: So mancher Betrieb könnte dem großen Problem, passgenaue Kandidaten zu finden, durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes erheblich den Druck nehmen.

 

Immerhin wäre das Modell, die Arbeit zumindest teilweise von zuhause aus zu erledigen, für viele hochqualifizierte Frauen mit familiärer Anbindung, durchaus interessant. Wohlmöglich ließe sich auf diese Weise auch das Thema Führungskarriere mit der Familie vereinbaren.

 

Homeoffice: Was ist zu beachten?

Feste Präsenzzeiten sorgten dafür, dass Teammeetings, One-to-Ones und dergleichen nicht zu kurz kämen. Für strategische Arbeiten am Schreibtisch könnte sich Frau ins Homeoffice zurückziehen und diese auch zur Not dann erledigen, wenn die Kinder schlafen. Doch auch ungeachtet von dem Thema Führungskarriere hat das Angebot, tageweise Telearbeit verrichten zu dürfen, für beide Seiten Vorteile: Eltern könnten etwa Kinderkrankheitstage oder Kitaschließungszeiten abdecken. Für die Arbeitgeber sind Mitarbeiter, die von zu Hause arbeiten, allemal besser als Mitarbeiter, die ganz fehlen.

 

Ein Ergebnis, zu dem mehr oder weniger auch der Kommissionsbericht der Robert-Bosch-Stiftung „Die Zukunft der Arbeitswelt: Auf dem Weg ins Jahr 2030“ aus dem Jahr 2013 kommt. Diesem zufolge steht Deutschland in den kommenden Jahren noch stärker als andere OECD-Länder einer massiven Alterung der Bevölkerung gegenüber, die parallel dazu mit einem Bevölkerungsrückgang einhergeht.

 

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Die Kommission geht von einem  Bevölkerungs-Schwund von rund 14 Millionen Menschen innerhalb der nächsten 15 Jahre aus. Hinzu kommt, dass sich die Zahl jüngerer Menschen unter 20 Jahren bis in den kommenden 15 Jahren um etwa 2,5 Millionen verringert. Parallel nimmt die Zahl der über 65-Jährigen um rund fünf Millionen zu. Die Ressource Mensch wird auf dem Arbeitsmarkt also zunehmend knapper.

 

Umso wichtiger wäre eine Erhöhung der Erwerbsquote durch „Randgruppen“, die gar nicht am Arbeitsleben teilnehmen: Ältere, Hausfrauen, Menschen mit Migrationshintergrund oder auch Arbeitslose. Eine gesetzliche Homeoffice-Regelung käme insbesondere auch den älteren Arbeitnehmern zupass. Schließlich könnten diese tageweise auf die oftmals mühsame Anreise zur Arbeit verzichten. Auch die Robert-Bosch-Stiftung rät dem Gesetzgeber in diesem Zusammenhang zu Änderungen im Arbeitsrecht zugunsten der besseren Vereinbarkeit von Leben und Arbeit.

 

Homeoffice: Folgt Deutschland dem Vorbild aus den Niederlanden?

Dem Vorbild aus den Niederlanden zu folgen, wäre eine Möglichkeit. Doch hierzulande überwiegen die Vorurteile von Arbeitgebern gegenüber der Heimarbeit. Und das obwohl Studien zeigen, dass Beschäftigte das flexible Arbeiten wertschätzen und ihre Loyalität steigt, wenn der Arbeitgeber ihnen die Möglichkeit gibt, Familie und Beruf besser zu vereinbaren.

 

Zwar ist in Ausnahmebranchen wie der IT flexibles Arbeiten durchaus keine Seltenheit mehr. Big Player wie Google oder Microsoft bis hin zum Mittelstand geben ihren Mitarbeitern ganz selbstverständlich die Möglichkeit, auch von zu Hause aus zu arbeiten. Nichtsdestotrotz tun sich in anderen Branchen viele Firmen noch schwer, das Homeoffice fest zu etablieren. Meist aus der Angst heraus, die Mitarbeiter könnten ihre Arbeit schlechter verrichten: Wer Kinder zu versorgen hat, würde stärker abgelenkt. Und ob die Arbeitszeit wirklich eingehalten wird oder der Mitarbeiter stattdessen in der Sonne im Garten liegt, sei auch schlecht zu kontrollieren.

 

Aus Expertensicht sind aber exakt diese Befürchtungen in aller Regel unbegründet. Denn tatsächtlich hat die Neigung, Aufgaben aufzuschieben  oder gezielt anzupacken nur wenig mit dem Homeoffice zu tun. Zu dem Ergebnis kommt der Psychologe Thomas O’Neill von der Universität von Calgary. Er fand heraus, dass Angestellte, die besonders gewissenhaft, ehrlich und zufrieden mit ihren Aufgaben sind, selten zur Prokrastination im Homeoffice neigen. Mitarbeiter, die hingegen auch im Büro zur Aufschieberitis tendieren, verdaddelen auch im Homeoffice ihre Zeit mit unnützen Dingen.

 

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Homeoffice: Die richtigen Rahmenbedingungen schaffen

Voraussetzung für eine nachhaltige Umsetzung des Homeoffice-Konzeptes ist, dass sich Mitarbeiter und Arbeitgeber auf bestimmte Rahmenbedingungen einigen.

 

Als gut umgesetztes Beispiel gilt das Modell aus dem Hause Microsoft: Heimarbeiter bekommen klare Zielvereinbarungen, was sie bis wann geleistet haben müssen, es gibt klare Regeln, wie die Arbeit im Homeoffice auszusehen hat und neben der regelmäßigen Kommunikation gibt es fixe Termine, an denen sich das gesamte Team trifft. So bekommen die Vorgesetzten die Kontrolle, die sie sich wünschen und die Mitarbeiter sind nicht nur eine Personalnummer ohne Namen oder Gesicht.


 

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